Ausgezeichnet! – Hamburger Edwin Scharff Preisträger
„Er war der Erste unter den Hamburger Künstlern, der Stolz unserer neuen Hochschule“, formuliert der Kultursenator 1955 in seiner Trauerrede für Edwin Scharff und benennt den im gleichen Jahr gestifteten Staatspreis für Hamburger Künstler nach dem verehrten Bildhauer, der nach dem Zweiten Weltkrieg die Klasse für Bildhauerei geleitet hatte. Seitdem werden jährlich Künstlerinnen, Künstler und Künstlerpaare mit dem begehrten Kulturpreis ausgezeichnet.
Ausgehend von den außerordentlich erfolgreichen Schülern Scharffs, stellt die Ausstellung zehn Preisträger*innen vor, die von Hamburg aus die internationale Kunstszene eroberten. Das Spektrum der Arbeiten reicht dabei von Malerei und Bildhauerei über Videokunst und Fotografie bis hin zu Minimal- und Konzeptkunst.
Neben Werken der direkten Scharff-Schüler Ursula Querner (1921–1961) und Manfred Sihle-Wissel (geb. 1934) zeigt die Neu-Ulmer Ausstellung acht weitere bedeutende zeitgenössische Positionen. So führen die inszenierten Fotografien von Anna (1937-2020) und Bernhard (1937–2011) Blume mit subversivem Schalk vor, was passiert, wenn „Skulpturen“ mit metaphysischer Bedeutung aufgeladen werden. Ganz anders die konzeptuelle Arbeit der von der Minimal Art beeinflussten Künstlerin Hanne Darboven (1941–2009). Sie erfand eine Methode, um das Vergehen von Zeit zu erfassen – in wandfüllenden Bildserien und in der Übersetzung ihrer mathematischen Sprache in Musik. Beides wird sicht- und hörbar in ihrem „OPUS 26“.
Die Kunst Franz Erhard Walthers (geb. 1939) hob die Trennung zwischen Künstler, Werk und Betrachter auf und veränderte damit grundlegend die Kunstbetrachtung. Seine „Winkel, Bahn und Standstelle“ sind zur Benutzung durch die Museumsbesucherinnen und -besucher gedacht, die darauf gehend und posierend selbst zu Skulpturen werden und so das Werk mitgestalten. Wiebke Siem (geb. 1954) führt Walthers Ideen weiter.
Buchstäblich wie metaphorisch stellt dagegen Andreas Slominski (geb. 1959) dem Betrachter Fallen. Dass Kunst (fast) immer die Illusion von etwas anderem ist, führt er etwa mit seiner „Hamster-Falle“ vor. Dagegen widmet sich der Maler Daniel Richter (geb. 1962) in seiner Bild-Serie zum Thema „Flucht“ einem aktuellen gesellschaftspolitischen Thema. Wie durch eine Wärmebildkamera der Grenzsoldaten gesehen, zeigt er Figuren, die fallen oder wegzurennen scheinen. Zum Nachdenken über Macht, Umweltverschmutzung und Rassismus regt zudem der Plakatkünstler Holger Matthies (geb. 1940) an.
Die Preisträgerin von 2018, Michaela Melián (geb. 1956), schließlich greift mit ihrer audiovisuellen Rauminstallation eine gesellschaftspolitische Diskussion auf, die seit einiger Zeit vielfach Künstler im urbanen Raum umtreibt: Visionen zum Leben in der Stadt.
Die Ausstellung wurde kuratiert von Dr. Friederike Weimar
Den Katalog zur Ausstellung erhalten Sie im Museumsshop oder per Mail an esm@neu-ulm.de.
Titelbild: Michaela Mélian, Luna Park, 2012, Installationsansicht Edwin Scharff Museum, © VG Bild-Kunst, Bonn 2019. Foto Edwin Scharff Museum, Nik Schölzel