Sonderausstellung Kunstmuseum

GIRAFFE, PUDEL, DROMEDARTierplastik deutscher Bildhauer des 20. Jahrhunderts aus der Sammlung Karl H. Knauf, Berlin

Tiere gehören als Begleiter des Menschen zu den häufigsten und ältesten Themen der bildenden Kunst. Oft werden sie mit einer vielfältigen breit gefächerten Symbolik verbunden.
Im 20. Jahrhundert erfährt die Tierdarstellung jedoch gewaltige Veränderungen. Vorbei die Zeit bedeutungsschwerer, dramatisch arrangierter Tierfiguren voller Pathos. Vorbei die Zeit prächtiger Löwen vor Schlössern, monumentaler Reiterdenkmäler zur Demonstration politischer Macht, röhrender Hirsche als wasserspeiende Brunnentiere in glanzvollen Gartenanlagen. Das Anliegen der nun aufkommenden freien Tierplastik ist es, das Wesen der Tiere anschaulich zu machen. Sie hat somit die Kreatürlichkeit der dargestellten Tiere ebenso im Blick wie ihre natürliche Würde. Die Ausstellung mit über 80 Bronzeplastiken aus der Sammlung Karl H. Knauf, Berlin, zeigt die Entwicklung
der deutschen Tierplastik im 20. Jahrhundert.

Louis Tuaillon und August Gaul bedienen sich Anfang des Jahrhunderts einer vollkommen neuen Formensprache, deren Merkmale eine ruhige Silhouette und ein klarer tektonischer Aufbau sind. Besonders Gaul wird mit seiner autonomen Tierplastik zum Vorbild einer neuen Generation von Bildhauerinnen und Bildhauern. Zu ihr gehört Philipp Harth, den der unendliche Formenreichtum der Natur zu Tierplastiken inspiriert, die sich voranging mit den jeweiligen Bewegungsabläufen befassen. Renée Sintenis, die in der Tradition der sogenannten „Animaliers“ steht, schafft kleinformatige naturnahe Tierbronzen und wendet sich besonders dem jungen Tier zu. Die Ausstellung präsentiert Tierdarstellungen, die – wie etwa Emy Roeders Ziegen – die gebändigte, beherrschte Natur der Haus- oder
Nutztiere verkörpern, auf der anderen Seite aber auch die ungestüme, wilde Kreatur, wie sie Fritz Behn darstellt. Naturalistische und präzise anatomische Studien etwa von Max Esser sind ebenso versammelt wie abstrahierte, reduzierte Tierchiffren eines Karl Hartung oder Ewald Mataré.

Wir danken unserem Leihgeber.


Begleitend zur Sonderausstellung im Kunstmuseum:

Thomas Putze: Wilde Tiere
19. März – 22. Mai 2011 im Neubau/3. Obergeschoß

Widerspenstigen Kreaturen begegnet man in der Kabinettausstellung von Thomas Putze. Ein Schwein übt sich gymnastisch im Kletterseil, der Greifvogel findet notdürftig Halt auf einem Abflussstampfer – die tierischen Charaktere haben ihre Nöte und Befindlichkeiten und sind offensichtlich in je individuelle Befindlichkeiten verstrickt. Thomas Putze (Jg. 1968), der an der Kunstakademie in Stuttgart Bildhauerei studiert hat, zeigt das Tier nicht als Idealgestalt. Mit Freude an vordergründig nichtigen Materialien kombiniert er altes Holz oder weggeworfene Gummimanschetten, indem er biegt, sägt oder schweißt. Geknickte Rohre werden zu Gliedmaßen, ein ausrangierter Besen und Gitterroste verwachsen mit den Tiergestalten zu oft etwas hilflosen und dennoch charaktervollen Wesen, die auf ihrer Individualität beharren.


Titelfoto: Blick in die Ausstellung „Giraffe, Pudel, Dromedar“. Foto: Edwin Scharff Museum, Nik Schölzel